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Schäden und Ursachen

Obwohl das Fachwerkhaus im Grunde sehr stabil und langlebig ist, weist es häufig ganz erhebliche Schäden auf.
  • Das Holz ist angefault, Balkenteile fehlen.
  • Verbindungen sind locker oder nicht mehr vorhanden.
  • Gefache sind lose oder fallen ganz heraus.
  • Wände sind schief und haben sich gesetzt.
  • Decken hängen nach außen.
  • Fenster und Türen klemmen
  • und vieles andere mehr.
Wie kann es dazu kommen? Wo liegen die Ursachen? Eigenartigerweise trifft man diese Schäden in der Regel bei Wohngebäuden und anderen intensiv genutzten Gebäudeteilen an, obwohl gerade diese regelmäßig gewartet, repariert und saniert wurden – ganz im Gegensatz zu weniger hochwertigen Fachwerkbauten wie Scheunen, Remisen, Speicher, Backhäuser und dergleichen. Obwohl diese sehr viel weniger Pflege erhielten, zeigen sich an ihnen deutlich weniger schwerwiegende Schäden.

Die häufigsten Schäden entstehen durch unsachgemäße Wartung

Abb. 4:
Der unten abgefaulte Eckständer wurde primitiv untermauert; Fehlstellen wurden mit Mörtel gefüllt, der jedoch größtenteils schon wieder herausgefallen ist.













Gibt es hier etwa einen Zusammenhang? Ja, es gibt ihn, es ist ganz einfach die ›Feuchtigkeit‹.

Feuchtigkeit als Schadensursache

Nun könnte man meinen, Feuchtigkeit trifft doch beide Haustypen gleichermaßen. Sie sind alle dem Wetter mit Regen, Sonne und Wind, mit Hitze und Kälte in gleichem Umfang ausgesetzt. Das ist zwar richtig, doch ganz entscheidend für die erheblichen Schäden an höherwertigen Fachwerkbauten ist die Feuchtigkeit von innen! Und die entsteht gerade bei diesen Häusern, besonders in der kalten Jahreszeit. Es ist eine Art von Feuchtigkeit, die man direkt kaum wahrnimmt, die aber in Form von Luftfeuchtigkeit latent vorhanden ist.
Ich möchte nun nicht zu intensiv auf die physikalischen Gesetzmäßigkeiten eingehen, nur so weit, um die Abläufe verständlich zu machen: Feuchtwarme Luft ist immer bestrebt, sich mit trockener, kalter Luft zu verbinden. Sie wird also von innen nach außen wandern. Das geschieht kontinuierlich infolge von Diffusion durch das Außenwandgefüge. Die Wand ›atmet‹. Dabei kommt es im kalten Bereich innerhalb der Wand zum Ausfall von Wasser. Man nennt diesen Bereich die Taupunktzone.

Mangelhaftes Diffusions-verhalten kann zu Fäulnis führen

Wird das Diffusionsverhalten der Außenwand gestört, behindert oder unterbunden, kommt es über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer Ansammlung von Feuchtigkeit im Gefüge der Außenwandgefache und der Fäulnisprozess des anliegenden Fachwerkholzes beginnt zwangsläufig.
Werden dann die ersten schweren Fäulnisschäden festgestellt, beginnt häufig eine Art Teufelskreis. Es wird durch bauliche Maßnahmen versucht, das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern – in der irrigen Meinung, diese komme nur von außen. Also wird alles dicht gemacht. Die Gefache werden mit Zementputz verputzt und mit dichter Fassadenfarbe gestrichen, die Fachwerkbalken werden mit Lacken oder sogar mit Teer und Bitumen dicht gestrichen, Fugen und Ritzen werden versiegelt und zugekittet.
Hierin liegt aber die Hauptursache für gravierende Schäden. Zum einen kann die Feuchtigkeit von innen nun gar nicht mehr aus den Wänden heraustreten, und zum andern kann die von außen eindringende Feuchtigkeit nicht mehr abtrocknen.
Wie kann aber bei einer derart ›sorgfältigen‹ Abdichtung der Außenwandflächen überhaupt noch Feuchtigkeit von außen in die Wände eindringen?

Eine dauerhafte Abdichtung der Fachwerkfassade ist kaum möglich und wenig sinnvoll

Dies hängt mit dem Spannungs- und Anhaftungsverhalten der sehr unterschiedlichen Materialien zusammen. Hinzu kommt die schon angesprochene Elastizität der Fachwerkkonstruktion. Es kommt schnell wieder zu Rissen und Fugen zwischen Putz und Holz. Regenwasser dringt ein, wird sogar teilweise trichterförmig aufgefangen und ins Gefüge geleitet. Dauerelastische Verfugungen reißen zum Teil ab und lassen Wasser eindringen. Es kommt zum so genannten ›Flascheneffekt‹. Wasser dringt nach innen und kann nicht wieder heraus!
Das Verhängnis nimmt nun seinen Lauf! Der Fäulnisprozess beschleunigt sich rapide und man kommt mit sinnvollen Reparaturen nicht mehr nach. Es ist ein Fass ohne Boden!

Deele vor der RestaurierungAbb. 5:
Deele vor der Restaurierung: Der erste Eindruck täuscht über den tatsächlichen Zustand der noch intakten Fachwerk- konstruktion hinweg.








In der Folge wird nur noch improvisiert. Verfaulte Balkenteile werden durch Zementmörtel ersetzt, Gefache müssen die statischen Aufgaben der Fachwerkbalken übernehmen und ganze Fachwerkwände werden durch Ziegelsteinwände ersetzt.
Ein solches Fachwerkhaus hat längst seinen Reiz und seinen Charme verloren. Es ist für seine Bewohner nur noch eine Last. Das Ende ist abzusehen. Der Abriss scheint die letzte Konsequenz zu sein.
So weit muss es aber nicht kommen. Man vermeidet die beschriebenen Fehler, wenn man die Schadensursachen kennt, wenn man weiß, wie es wirklich sein sollte und wie man auf gar keinen Fall vorgehen darf. Darum sollte man sich zwei Grundsätze einprägen:

Grundlegende Kriterien für eine richtige Fachwerkhaussanierung
  • Zement am Fachwerkhaus ist für die Balken wie Karies für die Zähne!
  • Der Außenwandaufbau mit der innen liegenden Wärmedämmung muss homogen, hoch atmungsaktiv, hohlraumfrei sein.
Wenn man diese zwei einfachen Grundsätze konsequent umsetzt und beherzigt, wird man sein Fachwerkhaus nur einmal sanieren, und zwar dauerhaft für die nächsten 100 Jahre.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch andere Schadensursachen, die aber nicht annähernd dieselbe zerstörerische Rolle spielen wie die Feuchtigkeit im Zusammenwirken mit falschen Materialien. Feuchtigkeit ist aber auch dabei im Spiel:

Situation nach der RestaurierungAbb. 6:
Situation nach der Restaurierung (vgl. Abb. 5): Durch Herausnehmen oder Einfügen von Trennwänden oder Gefachfüllungen lassen sich Räume beliebig erweitern oder abgrenzen.




  • Jahrzehntelange Vernachlässigung der Häuser,
  • Verwendung von ungeeigneten Hölzern,
  • Nichtbeachtung von konstruktivem Holzschutz,
  • Schädlingsbefall,
  • Sturmschäden, die nur provisorisch behoben wurden,
  • Bergsenkungsschäden und andere.
Aus bundesweiten Sanierungserfahrungen an Fachwerkhäusern seit dem 2.Weltkrieg haben sich zwei Grundsatzerkenntnisse klar herauskristallisiert: Eine Rückkehr zu historischen Materialien und zu althergebrachten Handwerksmethoden bei allen Arbeiten am historischen Gefüge eines Fachwerkhauses ist anzustreben. Und bei der Verwendung neuer, moderner Materialien, bei der Anwendung moderner Konstruktionen und Verfahren (sei es zur Verbesserung der statischen Standsicherheit oder aus anderen Gründen) sollten diese konsequent einer kritischen Überprüfung gemäß den Grundsätzen ›Zement ist wie Karies‹ und ›atmungsaktiver Wandaufbau‹ unterzogen werden. Es sollte aber auch das Elastizitätsverhalten und das Feuchteverhalten in ihrem Verhältnis zur vorhandenen Fachwerkkonstruktion berücksichtigt werden.

Schon in diesen wenigen Sätzen über neue Erkenntnisse wird das Dilemma deutlich. Sie ziehen wiederum eine Menge neuer Fragen nach sich.

Fragen vor Beginn der Sanierung
  • Welche Materialien sind historisch gesehen die richtigen?
  • Wo bekomme ich solche Materialien her?
  • Wie verarbeite ich diese Materialien?
  • Wie finde ich Fachfirmen, die die althergebrachten Handwerkstechniken beherrschen?
  • Ist das nicht alles unbezahlbar?
  • In welchen Fällen kann man modernere Materialien einsetzen?
  • Wie erkenne ich überhaupt, was geeignet ist und was nicht?
  • Wie sind moderne Konstruktionen und Verfahren zu bewerten?
  • Sollten auch moderne Konstruktionen aus Stahl oder aus Beton Verwendung finden?
Fragen über Fragen! Weil Sie diese und viele andere Fragen haben, haben Sie dieses Buch erworben.
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Antworten darauf über meinen kleinen, begrenzten Wirkungskreis hinaus einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen, weil mir der Erhalt der Fachwerkhäuser am Herzen liegt.
In den folgenden Kapiteln werden wir eine Reise durch alle Winkel, Ecken und Bereiche eines ganz typischen Fachwerkhauses machen. Sie werden an alle Problemfelder herangeführt und ich werde Ihnen Lösungen anbieten mit historischen und mit modernen Materialien, in althergebrachter oder moderner Fertigungsweise, in einem ausgewogenen Verhältnis von alt und neu, angepasst an die heutige Wohnqualität und doch auch ganz anders, als wir es gemeinhin kennen und gewohnt sind.
Packen wir es also an!


Ende der Ledeseprobe!
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